Dieser Beitrag erscheint auch in der Zeitschrift "Kfz-Anzeiger" - Ausgabe vom 02.02.2012
Der internationale Warentransport hat in den letzten 10 Jahren stark zugenommen und damit auch die rechtlichen Auseinandersetzungen rund um das Thema „Diebstahlshaftung“.
Wird die Fracht während eines Transports im Ausland gestohlen, stellt sich für den Geschädigten die grundsätzliche Frage, wer für den Schaden haftet.
Der nicht versicherte Absender wird sich in der Regel unmittelbar an den Frachtführer halten, diesem vorwerfen, daß er den Diebstahl nicht verhindert hat und ihn zum Schadensersatz auffordern.
Der versicherte Absender hat es da meist einfacher, da dessen Transportversicherung in der Regel den Schaden zunächst einmal ausgleicht. Die Versicherung wird aber bemüht sein, den Frachtführer in die Haftung zu nehmen, so daß sich dieser auch in diesem Fall verteidigen muß.
Maßgeblich bei der Beurteilung der Rechtslage sind die Regelungen der CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr).
Zunächst einmal steht dem Frachtführer die Haftungsbeschränkung des Artikel 23 Absatz 3 CMR zur Seite, denn dort ist geregelt, daß „die Entschädigung 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts nicht übersteigen darf.“ Diese Haftungsbegrenzung führt insbesondere bei leichter aber sehr wertvoller Ware (z.B. Elektronikartikel) häufig dazu, daß nur ein Bruchteil des tatsächlichen Warenwertes ersetzt werden muß.
Soll diese Haftungsbeschränkung dem Frachtführer zu gute kommen, darf er aber gem. Artikel 29 Absatz CMR nicht vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verhalten den Schaden verursacht haben. Ob ihm ein solcher Vorwurf zu machen ist, hängt vom Einzelfall ab.
Der BGH hatte sich mit einem Fall (I ZR 176/08) zu beschäftigen, bei welchem der Frachtführer einen Planen-LKW einsetzte und auf einen zweiten Fahrer verzichtete.
Die Ware wurde dann nachts aus seinem LKW auf einem ungesicherten Rastplatz in Belgien gestohlen.
Das Gericht entschied zu Gunsten des Frachtführers und stellte klar, daß dem Frachtführer kein Vorwurf zu machen ist, wenn sich aus dem Frachtvertrag nur der allgemeine Hinweis „Achtung: diebstahlsgefährdete Ware! Wagen wird verplombt!“ ergibt.
Denn im konkreten Fall mußte er nach Auffassung des Gerichts nicht damit rechnen, daß die Ware aus wertvollen Autoradios im Wert von ca. 260.000,00 EUR bestand. Dem Frachtführer sei nach Meinung des Gerichts insbesondere kein Leichtsinnigkeitsvorwurf zu machen, da er keine Information erhielt, was er genau laden sollte. Darüber hinaus hätte der Auftraggeber gegen Zahlung eines Zuschlags die Haftungshöchstgrenze anheben können.
Grundsätzlich ist den Parteien des Frachtvertrages anzuraten, daß die gegenseitig zu erbringenden Leistungen und etwaige Besonderheiten möglichst genau schriftlich festgelegt werden sollten, um später im Konfliktfall - auch vor Gericht - eine bessere Rechtsposition zu haben.
Eine rechtzeitige Beratung durch einen Rechtsanwalt vermeidet bei Unsicherheiten und rechtlichen Fragestellungen oft teure Fehler und verbessert die Erfolgsaussichten in einem Rechtsstreit.
Rechtsanwalt Harald Winter