Mit Beschluss vom 03.05.2017 – XII ZB 415/16 hat der BGH sich mit der Frage befasst, in welchem Umfang die Eltern eine Berufsausbildung ihrer Kinder finanzieren müssen.
Gem. § 1610 Absatz 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes auch die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf, wobei eine Berufsausbildung geschuldet wird, welche der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen des Kindes am besten entspricht. Gleichzeitig sind die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern zu beachten. Entscheidend ist, dass es sich bei Wechseln immer noch um einen einheitlichen Ausbildungsgang handelt. Ein solcher kann auch dann gegeben sein, wenn ein Kind nach dem Abitur eine praktische Ausbildung, also eine Lehre absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt. Allerdings müssen die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, wobei die Lehre und das Studium sich sinnvoll ergänzen sollten.
Der Anspruch des Kindes gem. § 1610 Absatz 2 BGB beinhaltet im Gegenzug eine Verpflichtung des Kindes, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Allerdings wird es hier jedenfalls auf den einzelnen Fall ankommen. Dabei wird zu prüfen sein, ob den Eltern unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine weitere Leistungspflicht aufzuerlegen ist oder nicht.
Im Einzelfall wird zu prüfen sein, ob die Eltern mit dem vom Kind geplanten Ausbildungsplan rechnen mussten oder nicht. Sofern beispielsweise bei einem mit Numerus Clausus belegten Studiengang Wartezeiten entstehen, ist es Eltern durchaus zumutbar, dass das Kind in der Zwischenzeit eine Ausbildung absolviert zur Überbrückung der Wartezeit und im Anschluss daran dann erst das Studium aufnimmt.
Im vom BGH beschlossenen Fall wurde eine Verpflichtung der Eltern zur Finanzierung des Studiums abgelehnt, da die Eltern nicht mehr damit rechnen mussten, dass die Tochter mit fast 26 Jahren nochmal ein Studium beginnen würde. Die Eltern sind im Vertrauen darauf, dass die Tochter nicht mehr studieren würde, längerfristige finanzielle Verpflichtungen eingegangen (Eigenheimkauf, Konsumentenkredite etc.). Im dort vorliegenden Fall konnten die Eltern darauf vertrauen, dass die Tochter nicht mehr studieren würde, da diese trotz schriftlicher Nachfrage zu keinem Zeitpunkt ihre Eltern über ihre Ausbildungspläne in Kenntnis gesetzt hatte.
Rechtsanwältin Schleiminger