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19.01.2021

BVerfG: Anspruch auf Herausgabe der Rohmessdaten im Bußgeldverfahren

Am 12.11.2020 hat das Bundesverfassungsgericht (2 BVR 1616/18) einen wichtigen Beschluss hinsichtlich des Rechts auf erweiterte Akteneinsicht in Bußgeldverfahren erlassen.

Im konkreten Fall wurde dem Betroffenen ein Geschwindigkeitsverstoß vorgeworfen.

Der Verteidiger des Betroffenen hatte bereits frühzeitig gegenüber der Bußgeldbehörde neben der normalen Akteneinsicht auch Einsicht in die sogenannten Rohmessdaten und die Lebensakte des Messgeräts beantragt.

Dies wurde von allen Instanzgerichten bis zum Oberlandesgericht Bamberg als Beschwerdeinstanz abgelehnt.

Hiergegen legte der Verteidiger letztlich Verfassungsbeschwerde ein und rügte die Verletzung eines fairen Verfahrens durch die Vorgerichte.

Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung vom 12.11.2020 dem Beschwerdeführer Recht gegeben und darauf hingewiesen, dass die Fachgerichte verkannt haben, dass „aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den Beschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakt befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgt" (so das BVerfG).

Dies begründet das Bundesverfassungsgericht mit der sogenannten Informationsparität, die erforderlich sei, um zwischen dem Staat und dem Betroffenen Waffengleichheit herzustellen.

Es wird insbesondere betont, dass es dem Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf ankam, durch eine eigenständige Überprüfung der begehrten Informationen, Anhaltspunkte für eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses erst zu ermitteln, um diese dann ggfls. vor Gericht darzulegen und dessen Aufklärungspflicht auslösen zu können.

Die pauschale Zurückweisung derartiger erweiterter Akteneinsichtsanträge mit Verweis auf das sogenannte standarisierte Messverfahren hält das Bundesverfassungsgericht somit für grundrechtswidrig.

Aus der Entscheidung dürfte zu folgern sein, dass die Bußgeldbehörden in Zukunft wesentlich höhere Anforderungen an die Dokumentationspflicht zu erfüllen haben und ein Verweis auf das Vorliegen eines sogenannten „standarisierten Messverfahren" nicht allein ausreichend ist, Verkehrsverstöße zu begründen.

Es lohnt sich auf jeden Fall eine Prüfung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt.

 

Rechtsanwalt Wulf

 

 

 
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