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28.02.2012

Frage nach der Schwerbehinderung ist in seit mindestens sechs Monaten bestehenden Arbeitsverhältnissen zulässig

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2012 (6 AZR 553/10) ist die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung jedenfalls dann zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis bereits mindestens 6 Monate besteht, also der Arbeitnehmer den Sonderkündigungsschutz für behinderte Menschen erworben hat.

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbat der Insolvenzverwalter vom Arbeitnehmer in einem Fragebogen u. a. Angaben zum Vorliegen einer Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer verneinte wahrheitswidrig seine Schwerbehinderung. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte der Insolvenzverwalter das mit dem Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis. Daraufhin erhob der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage, in der er seine Schwerbehinderung mitteilte und die Kündigung deshalb für unwirksam hielt, weil das Integrationsamt ihr nicht zugestimmt habe.

Das Bundesarbeitsgericht gewährte dem Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz.
Die Frage des Insolvenzverwalters nach der Schwerbehinderung im Vorfeld einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung stehe im Zusammenhang mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers durch die Anforderungen des § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz, der die Berücksichtigung der Schwerbehinderung bei der Sozialauswahl verlangt, sowie durch den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX, wonach eine Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Sie soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich rechtstreu zu verhalten.nbsp

Die Frage nach einer Schwerbehinderung diskriminiere behinderte Arbeitnehmer nicht gegenüber solchen ohne Behinderung.
Auch datenschutzrechtliche Belange stünden der Zulässigkeit der Frage nicht entgegen.
Infolge der wahrheitswidrigen Beantwortung der ihm rechtmäßig gestellten Frage nach seiner Schwerbehinderung sei es dem Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich im Kündigungsschutzprozeß auf seine Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen.

Rechtsanwalt Alexandros Simeonidis

 
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