Aktuelles

05.07.2012

Keine übertriebenen Anforderungen an Verkehrssicherungspflicht - rutschige Treppe (Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 07. und 31.05.2012 - 8 U 1030/11)

In der vom OLG Koblenz entschiedenen Klage ging es darum, dass die Klägerin auf einer in den Rhein führenden Treppe ausgerutscht und gestürzt war und daraufhin den Betreiber der Gaststätte, zu welcher die Treppe gehörte, auf Schadensersatz verklagt und u. a. Schmerzensgeld verlangt hatte.
Der Beklagte hatte die Gaststätte nebst Treppe von der Stadt Mainz gepachtet.

Die Klägerin hatte argumentiert, der Beklagte habe nicht ausreichend auf die Sturzgefahr hingewiesen.
Dieser hatte erwidert, es seien entsprechende Warnschilder vorhanden gewesen und er habe außerdem Sicherheitskräfte eingesetzt.

Bereits die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen und dem hat das Oberlandesgericht sich angeschlossen:
Der beklagte Gaststättenbetreiber sei zwar im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, für die Sicherheit seiner Gäste Sorge zu tragen. Diese Verpflichtung erstrecke sich aufgrund seines Pachtvertrages mit der Stadt Mainz auch grundsätzlich auf den ordnungsgemäßen Zustand der Treppe.
Gleichwohl sei ein Verstoß gegen die sog. Verkehrssicherungspflicht nicht zu erkennen.
Ein solcher läge nämlich nur dann vor, wenn auch für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr nicht ohne weiteres erkennbar sei.

Wer nun aber eine Treppe betrete, die in einen Fluss führt und deswegen aufgrund von Wellen jedenfalls im Bereich der unteren Stufen selbstverständlich nass sein kann, habe sich auf diesen Zustand der Treppe einzustellen.

Das OLG vertrat daher die Ansicht, dass die Treppe gewissermaßen selbst vor ihrer eigenen Gefährlichkeit warne und den Beklagten daher keine darüber hinausgehende Verkehrssicherungspflicht treffe.

Die Verkehrssicherungspflicht und deren Umfang ist gesetzlich nicht geregelt und beruht lediglich auf Rechtsfortbildung durch eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen.
Eine sehr bekannte Ausprägung der Verkehrssicherungspflicht ist beispielsweise die Räum- und Streupflicht bei Schneefall und Glatteis.

Wie sich an dem konkreten Fall zeigt, stellt die Rechtsprechung im allgemeinen darauf ab, dass immer derjenige verkehrssicherungspflichtig ist, der eine Gefahrenquelle schafft oder eine Sache beherrscht oder betreibt, die für Dritte gefährlich werden kann oder aber solche gefährliche Sachen dem allgemeinen Verkehr aussetzt oder in Verkehr bringt.
Es wird von einem Verkehrssicherungspflichtigen aber niemals erwartet, dass er eine Gefahrenquelle gegen sämtliche denkbaren Schadensfälle absichert.
Vielmehr genügt es, dass lediglich voraussehbare Gefahren berücksichtigt werden.

Insbesondere entbindet eine bestehende Verkehrssicherungspflicht potentiell Geschädigte auch nicht von ihrer Eigenverantwortung hinsichtlich leicht erkennbarer Gefahren.


Rechtsanwalt Felix Finsterer

 
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