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19.07.2012

Mietrückstand, der sich aus ungerechtfertigter Mietminderung ergibt, kann zur Kündigung führen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2012, VIII ZR 138/11)

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) lag folgendes zugrunde:

Die beklagten Mieter hatten im Dezember 2008 ihrem Vermieter mitgeteilt, in ihrer Wohnung bilde sich Schimmel und Kondenswasser aufgrund von baulichen Mängeln.
Bei einem durchgeführten Ortstermin widersprach der Vermieter dieser Darstellung und war der Ansicht, dass das Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter für Schimmel und Kondenswasser verantwortlich sei.
Die Mieter blieben allerdings bei ihrer Rechtsansicht und minderten ab März 2009 die Miete um 20 %.

Anfang 2010 kündigte der Vermieter wegen des aufgelaufenen Mietrückstandes in Höhe von über 3.000,00 EUR das Mietverhältnis fristlos und erhob beim zuständigen Amtsgericht Klage auf Zahlung der ausstehenden Miete auf Räumung der Wohnung.
Ein eingeholtes Sachverständigen-Gutachten kam zum Ergebnis, dass kein Mangel vorläge, der zur Mietminderung berechtige, so dass der Klage in vollem Umfang stattgegeben wurde.
Daraufhin glichen die Mieter die rückständigen Mieten zunächst teilweise aus und zahlten ab Juli 2010 die volle Miete unter Vorbehalt.

Erst im Februar 2011 - während des beim zuständigen Landgericht durchgeführten Berufungsverfahrens - wurde der offene Mietrückstand schließlich vollständig ausgeglichen.
Im Berufungsverfahren erklärten die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der rückständigen Miete daraufhin übereinstimmend für erledigt, so dass die beklagten Mieter nur noch zur Zahlung von Zinsen verurteilt wurden.
Hinsichtlich der Räumung wurde die Klage im Berufungsverfahren abgewiesen.
Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass eine fristlose Kündigung nur dann gerechtfertigt sei, wenn die Beklagten ein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete treffe, was aber nicht der Fall sei. Im Übrigen seien sämtliche Mietrückstände bereits im Februar 2011 ausgeglichen worden.

Gegen diese Entscheidung legten nun die klagenden Vermieter Revision zum Bundesgerichtshof ein und hatten Erfolg:
Nach § 543 BGB kann eine Vertragspartei - hier die Vermieter - ein Mietverhältnis außerordentlich und fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Ein solcher ist nach § 543 BGB insbesondere ein Mietrückstand mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete.
Es tritt allerdings hinzu, dass die Nichtzahlung der Miete auch von den Mietern zu vertreten sein muss, ihnen also Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann.

Vorliegend hatte sich herausgestellt, dass die bereits zu Anfang vom Vermieter vertretene Ansicht richtig war:
Das Kondenswasser und der vorgefundene Schimmel resultierten tatsächlich nämlich daraus, dass die Mieter nicht ausreichend gelüftet hatten.
In der Wohnung waren zwei Aquarien und ein Terrarium mit Schlangen vorhanden, was zu einer höheren Luftfeuchtigkeit innerhalb der Wohnung führte.
Dies und die damit einhergehende Notwendigkeit, das Lüftungsverhalten entsprechend anzupassen, führte dazu, dass der BGH davon ausging, dass die beklagten Mieter gemäß § 543 BGB die Nichtzahlung der Miete auch zu vertreten hatten.
Die subjektive fehlerhafte Einschätzung auf Mieterseite war nach Ansicht des BGH nicht zu berücksichtigen.

In diesem Zusammenhang wies der BGH auch darauf hin, dass bei Zweifeln im Hinblick auf die Ursache von vermeintlichen Mietmängeln es dem Mieter ja offenstehe, die volle Miete unter Vorbehalt zu zahlen und so eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, ohne das Risiko einer fristlosen Kündigung durch den Vermieter einzugehen.
Die erst im Februar 2011 endgültig erfolgte Ausgleichung der rückständigen Mieten habe daher die fristlose Kündigung nicht mehr abwenden können.

Tipp:
Im Falle von Mietmängeln ist generell darauf zu achten, dass der Mieter zunächst verpflichtet ist, seinem Vermieter die Mängel anzuzeigen und ihn zur Beseitigung aufzufordern.
Beseitigt der Vermieter den – von ihm zu vertretenden - Mangel nicht, hat der Vermieter nach § 536 BGB grundsätzlich ein Recht auf Mietminderung für die Zeit bis zur Beseitigung des Mangels.

Aus dem nunmehr vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall läßt sich allerdings die Lehre ziehen, dass es empfehlenswert ist, die beabsichtigte Mietminderung dem Vermieter zwar mitzuteilen, gleichzeitig aber die volle Miete weiterhin "unter Vorbehalt" zu zahlen.
Stellt sich dann später heraus, dass tatsächlich kein vom Vermieter zu vertretender Mangel vorlag und ist die Mietminderung daher im Nachhinein ungerechtfertigt, ist eine fristlose Kündigung seitens des Vermieters dennoch nicht zu befürchten.

Rechtsanwalt Felix Finsterer

 
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