Aktuelles

09.01.2014

Haftung der Eltern für Filesharing (illegale downloads) der Kinder weiter eingeschränkt

Der BGH hat bereits in den letzten Jahren die Haftung von Anschluss-Inhabern eines Internet-Anschlusses für illegale Downloads durch Dritte immer weiter eingeschränkt.

Bereits im Jahre 2010 (I ZR 121/08 - 12.05.2010 - "Sommer unseres Lebens") wurde durch den BGH festgestellt, dass der Inhaber eines Internet-Anschlusses – auch bei einem unzureichend gesicherten WLAN-Netzwerk – nicht grundsätzlich für Downloads haftet, die durch von ihm nicht autorisierte Dritte vorgenommen werden, solange sein WLAN-Netzwerk durch den Stand der Technik ordnungsgemäß geschützt war (Hierzu ausführlicher unten).
In einem solchen Fall trifft den Anschluss-Inhaber allerdings eine sogenannte sekundäre Beweislast, dass nicht er selbst die illegalen Downloads begangen hat.
Kann er dieser Darlegungspflicht nachkommen, kann er für die Urheberrechtsverletzung jedenfalls nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Er muss jedoch die mit der Abmahnung verbundenen Kosten und Gebühren tragen.

Während es in der zuvor erwähnten Entscheidung um letztlich unbekannte Dritte ging, die sich zum WLAN-Netz des Anschluss-Inhabers Zutritt verschafft und die Downloads vorgenommen hatten, war der BGH im Jahre 2012 (I ZR 74/12 - 15.11.2012 - "Morpheus") mit einem anderen Sachverhalt befasst: Es stand hier fest, dass das illegale Filesharing durch ein minderjähriges Kind des Anschluss-Inhabers vorgenommen wurde.
Dem minderjährigen Sohn war durch die Eltern auch grundsätzlich erlaubt worden, den Internet-Anschluss mit zu nutzen.
In diesem Zusammenhang hatten die Eltern ihr 13-jähriges Kind allerdings auch darüber belehrt, dass es ihm verboten sei, rechtswidrig Downloads über Internet-Tauschbörsen vorzunehmen.
Der BGH bewertete einen solchen Hinweis der Eltern an das 13-jährige Kind als ausreichend, da ein Kind dieses Alters bei einer normalen Entwicklung in der Lage sei, grundlegende Gebote und Verbote zu befolgen.
Die Eltern hätten ihrer Aufsichtspflicht also genügt.
Erfolge dann dennoch eine rechtswidrige Internet-Nutzung/ein Download durch ein solches Kind, könnten hierfür nicht die Eltern haftbar gemacht werden.

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs betraf einen noch anderen Sachverhalt.
Wir hatten über dieses Verfahren bereits am 06.12.2012 auf dieser Seite berichtet.
Der Beklagte war nämlich zunächst von einem Landgericht und dann einem Oberlandesgericht zu Schadensersatz verurteilt worden, wobei das Oberlandesgericht eine Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hatte.
Diese Entscheidung wurde durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben und eine Revision zum BGH dann schließlich doch zugelassen, über welche nunmehr entschieden wurde.
Beklagt war ein Polizeibeamter als Internet-Anschlussinhaber.
In dessen Haushalt lebte seine Frau mit ihrem Sohn – also dem Stiefsohn des Beklagten.
Zum Zeitpunkt der illegalen Downloads war der Stiefsohn aber bereits 20 Jahre alt, so dass die zuvor aufgezeigten Grundsätze bezüglich minderjähriger Kinder nicht einschlägig waren.
Der BGH hat im Revisionsverfahren die Klage nun insgesamt abgewiesen und argumentiert, dass die Überlassung des Internet-Zuganges durch den Polizeibeamten gegenüber seinem Stiefsohn auf familiärer Verbundenheit beruhte, wobei der Polizeibeamte annehmen durfte, dass sein Stiefsohn als Volljähriger für seine Handlungen selbst verantwortlich sei.
Irgendwelche Belehrungs- und Überwachungspflichten des Polizeibeamten gegenüber seinem volljährigen Stiefsohn verneinte der BGH angesichts dieses Sachverhalts also.

Anders könnte dies nach Ansicht des BGH nur zu bewerten sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass der Stiefsohn das Internet bereits zuvor in illegaler Art und Weise nutzte, was im konkreten Fall aber nicht dargelegt war.
Im Ergebnis wurde der Polizeibeamte also nicht als sogenannter Störer für die Urheberrechtsverletzung seines Stiefsohnes angesehen, so dass der Revision stattgegeben und die Klagen bei den Vorinstanzen abgewiesen wurden.

Fazit / Hinweise:
Die beiden eingangs erwähnten schon älteren Entscheidungen und die aktuelle neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs legen für alle Internet-Anschluss-Inhaber, welche ein WLAN-Netz betreiben folgende Ratschläge nahe:
Zunächst sollte für eine ordnungsgemäße Absicherung des WLAN-Netzwerks auf dem aktuellen Stand der Technik gesorgt werden.
Selbstverständlich ist hierbei, dass ein aktueller Verschlüsselungsstandard („WPA2“) am Router eingestellt und genutzt wird.
Hierzu gehört auch, den Router nicht einfach mit dem häufig vom Hersteller vorgegebenen Passwort in Betrieb zu nehmen, weil es dritten Personen hierdurch erleichtert wird, auf das WLAN-Netzwerk Zugriff zu nehmen. Es sollte also ein eigenes möglichst schwer zu erratendes Passwort vergeben werden, dass im Idealfall aus einer willkürlichen Abfolge von Groß- und Kleinbuchstaben sowie aus Sonderzeichen (Dollarzeichen, Prozentzeichen etc.) und aus Zahlen besteht.
Hierdurch dürfte ausreichend sichergestellt sein, dass Dritte nicht ohne Weiteres auf das WLAN-Netzwerk zugreifen können und der Anschluss-Inhaber ist den vom BGH aufgestellten diesbezüglichen Anforderungen dann jedenfalls nachgekommen.

Nutzen minderjährige Kinder das Internet mit, sollten diese über das Verbot von rechtswidrigen Downloads belehrt werden, wobei diese Belehrung idealer Weise später belegbar sein sollte.

Bei volljährigen Familienmitgliedern – hiermit befasste sich die aktuelle BGH-Entscheidung – entfällt diese Belehrungspflicht jedenfalls dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass illegale Downloads bereits einmal erfolgt sind.

Gleichwohl ist es natürlich durchaus ratsam, alle Familienmitglieder in regelmäßigen Abständen darauf hinzuweisen, dass illegale Downloads kein „Kavaliersdelikt“ sind und zu unterbleiben haben.

Grundsätzlich davon abzuraten ist, beispielsweise einem Nachbarn die Mitnutzung des WLAN-Netzwerks durch Bekanntgabe des Passworts zu gestatten, da die vorzitierten BGH-Entscheidungen immer berücksichtigt haben, dass eine gewisse familiäre Verbundenheit besteht.
Diese scheidet bei einem Nachbarn natürlich aus und es ist fraglich, ob es auch in einem solchen Fall genügen würde, darlegen zu können, dass man den Nachbarn darüber belehrt hat, dass illegale Downloads nicht erlaubt sind.

Rechtsanwalt Felix Finsterer

 
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